An Pflanzenmilch führt kein Weg vorbei. Grund genug für uns, sich einmal anzuschauen, wie das erfolgreiche Unternehmen Chohani mit dem Thema Plant Based umgeht.

Mitte Februar fand der Molkerei Kongress in München statt. Es gab gute Nachrichten: Die globale Nachfrage nach Milchprodukten ist auch 2019 weiter angestiegen. Knapp ein Viertel der weltweiten Milchproduktion wird in Europa hergestellt. Der Export von Mager-/Vollmilchpulver und Käse boomt, vor allem nach China, Japan und Russland. Außerdem verfängt die Wertschöpfungsstrategie einiger Molkereien: Veredelte Produkte wie Desserts, Getränke und Eiskaffee legen beim Umsatz zu, während Basics und Handelsmarken verlieren.

Es gab aber auch schlechte Nachrichten: Themen wie Nachhaltigkeit, Tierwohl und die Digitalisierung stellen die gesamte Branche vor große, überwiegend ungelöste, Herausforderungen. Und auch auf die weiter wachsenden Anforderungen der Konsumenten nach pflanzlichen Milchalternativen haben die deutschen Molkereien noch keine Antwort. Diese Produkte sind 2019 erneut zweistellig gewachsen auf einen Umsatz von fast 500 Mio. Euro (plus 22 Prozent). Treiber sind die Getränke mit einem Absatzanteil von 81 Prozent. Aber auch Brotaufstriche, Sahne- und Joghurtalternativen wachsen.

Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass der Konsum von Milchalternativen auch künftig weiter ansteigt. Es wird zu einer dauerhaften Ko-Existenz von klassischen und Plant Based Milchprodukten kommen. Zumal dann, wenn es den pflanzlichen Alternativen gelingt ähnlich wohlschmeckend zu werden wie die Milchklassiker. Erstaunlich ist, dass sich noch keine deutsche Molkerei aufgemacht hat und pflanzliche Milchprodukte in das eigene Sortiment aufgenommen hat.

Grund genug für uns, sich einmal anzuschauen wie das erfolgreiche US-Unternehmen Chobani mit dem Thema umgeht.

Chobani wurde vor etwas mehr als 10 Jahren mit lediglich einem Produkt gegründet: Griechischem Joghurt. Inzwischen ist das Unternehmen der Top-Verkäufer von Joghurt in Amerika. Seit der Einführung im Jahr 2007 überholte Chobani alle anderen etablierten Marken und macht inzwischen ca. 20% des Joghurtumsatzes und 43% des griechischen Joghurtmarktes in den USA aus. Außerdem hat es einen gewaltigen Anteil am weltweiten Siegeszug des griechischem Joghurts, der auch in vielen anderen Ländern inzwischen sehr beliebt ist. Und Chobani ist weiterhin mit seinem Joghurt-Portfolio, das stetig um Innovationen wie knusprige Mixes und Low Sugar-Varianten erweitert wurde, erfolgreich: Die Einzelhandelsumsätze sind 2019 im Vergleich zum Vorjahr um 8% gestiegen – obwohl sich die Joghurtverkäufe in den letzten Jahren insgesamt verlangsamt haben.

Trotz aller Erfolge startete Chobani in den letzten Monaten eine regelrechte Plant Based-Offensive. Dies ist eine mutige Erweiterung von einem Unternehmen, das sich als Molkerei einen Namen gemacht hat.

Zunächst brachte Chobani neun Joghurts auf Kokosnussbasis auf den Markt, die als Alternativen zu klassischen Joghurts positioniert werden. Gleich ist dabei lediglich der Chobani-Anspruch: nur natürliche Zutaten und echte Früchte für eine cremige Textur und einen erfrischenden Geschmack. Anders als griechischer Joghurt enthalten Kokosnuss-Produkte wenig natürlich vorkommendes Protein. Daher wirbt Chobani für andere ernährungsphysiologischen Vorteile wie Probiotika. Veganer und laktoseintolerante Verbraucher sind dabei nicht die primäre Zielgruppe. Vielmehr ist es so, dass gerade die typischen Joghurtkäufer aus gesundheitlichen Gründen oft weniger Milchprodukte essen und hier eine Alternative finden.

Nun folgt der nächste Schritt: Chobani Oat.

Zunächst wurde eine völlig neue Produktkategorie mit vier Hafergetränken entwickelt: Plain, Vanille, Schokolade und extra cremig. Es wird nach dem erfolgreichen Vorbild von Oatly auch eine Barista-Edition für Coffeeshops geben, eine Reihe von fermentiertem Haferjoghurts in Geschmacksrichtungen wie Erdbeer-Vanille und Blaubeer-Granatapfel sowie Mix-In-Sorten mit Namen wie Peach Coconut Crisp.

Ein Team von 15 Lebensmittelwissenschaftlern hat mehr als ein Jahr damit verbracht, Rezepte für Produkte auf Haferbasis zu entwickeln. Ein Zeichen dafür, dass Chobani fest an die neue Haferlinie glaubt ist das Investment von 50 Millionen US-Dollar für den Bau einer Erweiterung des Werks in Idaho.

Mehr als die Hälfte der Lebensmittel- und Convenience-Läden in den USA führen bereits Chobani. Das Unternehmen geht davon aus, dass fast alle bestehenden Einzelhändler auch die Chobani Oat-Linien vollständig übernehmen werden. Chobani könnte damit – analog zum Erfolg des griechischen Joghurts – das Unternehmen sein, welches Hafermilchprodukte in der Breite populär macht und damit Soja- und Mandelmilchprodukte überholt. Chobani geht jedenfalls davon aus, dass Haferprodukte innerhalb von zwei Jahren mindestens 10% des Umsatzes des Unternehmens ausmachen werden. Denn das Potential ist groß und reicht von den Baby Boomern, die feststellen, dass die Laktoseintoleranz mit dem Alter zunimmt bis hin zu jüngeren Generationen, die sich mit den CO2-Fußabdrücken tierischer Milchprodukte auskennen.

In Chobanis erster Werbekampagne für seine neuen Produkte auf Haferbasis wirbt das Unternehmen für seine Milchalternativen, indem es der Milch Tribut zollt: “Als wir die Kampagne erstellten, wollten wir Milchprodukte nicht verunglimpfen”, sagte Leland Maschmeyer, Chief Creative Officer von Chobani. Und so entschied sich das Team von Chobani für den Slogan „Almost Milk“, um hervorzuheben, dass die Produkte auf Haferbasis in Geschmack und Textur nahezu identisch mit denen von Milchprodukten sind.

Ein Teil von Chobanis Entscheidung, nicht schlecht über Milch zu sprechen ist auch (neben der Tatsache, dass das Unternehmen weiterhin Milchprodukte verkauft) dadurch begründet, dass die meisten Menschen nicht versuchen, komplett auf Milchprodukte zu verzichten. Die Forschung zeigt vielmehr, dass Menschen, die sich für pflanzliche Milchalternativen entscheiden, flexibel sind. Nach Untersuchungen von Nielsen bezeichnen sich nur etwa 5% der US-Haushalte als vegan oder vegetarisch, was den Rest der Bevölkerung zu „Allesfressern” macht. Ein weiterer Beleg für die Ko-Existenz von klassischen und Plant Based Milchprodukten. Es wird spannend sein, zu sehen wer von den deutschen Molkereien als Erstes den Schritt in Richtung Plant Based macht…