Das Corona-Virus verändert die Welt. Einhergehend mit den drastischen gesellschaftlichen Veränderungen seit Beginn der Corona-Krise lassen sich neue Entwicklungen im Konsumverhalten feststellen. Dies betrifft alle Food-Bereiche von der Ernährung, über das Kochen bis hin zum Einkauf von Lebensmitteln.

Manche der bereits bekannten Food-Trends wurden durch die Pandemie zurückgedrängt, andere wurden verstärkt und einige neue Phänomene entwickeln sich gerade erst. Es ist offensichtlich, dass die enorme Dynamik der Krise, die alle Teile der Gesellschaft in einer permanenten Wechselwirkung erfasst hat, eine präzise Einschätzung der Zukunft unmöglich macht. Trotzdem schauen wir natürlich nach vorne und haben einige Trends rausgesucht, die in diesem Jahr besonders wichtig sind.

Die Funktionalisierung von Food…

Zu Beginn der Pandemie gab es einen deutlichen Anstieg der „Komfortmahlzeiten“. 2021 sehen wir eine Verlagerung zu gesünderen und funktionellen Lebensmitteln. Dabei werden die Grenzen zwischen Nahrungsergänzungsmitteln und Lebensmitteln weiter verschwimmen. Das ist in Zeiten von Corona nicht verwunderlich: laut mehreren übereinstimmenden Studien sucht die Mehrheit der weltweiten Verbraucher nach Nahrungsmitteln und Getränken, die die Immungesundheit und das Stressmanagement unterstützen. Das bedeutet, dass z.B. bereits etablierte Trends wie Superfoods oder Probiotika noch einmal an Bedeutung gewinnen werden, da die Verbraucher verstärkt nach Produkten suchen, die funktionelle Inhaltsstoffe enthalten. Die meisten Verbraucher wollen dabei allerdings keine radikalen Veränderungen. Vielmehr wünschen sie sich alltägliche Produkte, die nicht nur Nahrung sondern auch erschwingliche „Medizin“ sind.

Natürlich essen im Einklang mit dem Immunsystem
Die anhaltende Angst vor einer Corona-Erkrankung wird immer mehr Verbraucher dazu ermutigen, ihre Immunsystem zu verbessern. Bereits bekannte immunitätsfördernde Lebensmittel wie Brühen oder Sauerkraut und Inhaltsstoffe wie z.B. antibakterieller Honig oder immunstärkender Holunder werden im kommenden Jahr eine bedeutende Rolle spielen. Ein großer Wachstumsbereich sind funktionelle Innovationen in Lebensmitteln und Getränken wie Präbiotika, Probiotika und Postbiotika, die auf die Darmgesundheit abzielen. Hier wird sich die Forschung an der Rolle des Mikrobioms als Mittel zur Stärkung der Immunität beschleunigen.

Individualisierte Ernährung: Das schmeckt mir!
Verbraucher erwarten eine Ernährung, die zu ihrem jeweiligen Lebensstil, zu ihren Überzeugungen und Bedürfnissen genau passt. Dies betrifft sowohl eine personalisierte Ernährungsberatung für funktionelle Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel als auch ständige Neueinführungen für noch mehr Abwechslung und aufregende sensorische Erlebnisse als „Nahrung für die Seele“. Wir werden im neuen Jahr einige Marken sehen, die inmitten der Corona-Zeit mit „feel-good“ Produkten punkten wollen, die den Alltag zu etwas Besonderem machen.

In Balance: Mood Management mit Essen
Die psychische Gesundheit, ein geistiges und emotionales Wohlbefinden, ist in Zeiten der Pandemie mit Lockdown und Kontaktbeschränkungen bis zur Isolation wichtiger denn je. Die Menschen wollen sich je nach Verfassung in einen anderen mentalen Zustand versetzen: von ruhig und entspannt bis hin zu energiegeladen und fröhlich. Mood Foods, die Stressabbau versprechen, werden 2021 besonders gefragt sein. Vor allem Adaptogene, biologisch aktive Pflanzenstoffe, die dem Organismus helfen, sich erhöhten körperlichen und emotionalen Stresssituationen anzupassen, werden zu den Gewinnern gehören.

Waku Plant-Based Tonics werden aus Kräutern und Pflanzen hergestellt, die in den Hügeln Ecuadors wachsen und basieren auf einem traditionellen Rezept für die Gesundheit des Verdauungssystems.

Neue Crossover-Verbindungen und Formate…

Wenn Produktkategorien zusammenwachsen: Mashups
2013 gilt als die Geburtsstunde der „Mashups” – als in New York der Cronut (eine Mischung aus Croissant und Donut) erfunden wurde. In der Folge gab es einige gute und weniger tolle Mashup-Ideen (z.B. die BurgerPizza). Nun wird eine zweite Welle anbrechen: Hybride Innovationen nehmen sowohl im LEH als auch im Foodservice Fahrt auf, um aufregende Produkte für neue multisensorische Erfahrungen in Bezug auf Geschmack, Aroma, Textur oder Farbe zu liefern. Beispiele hierfür sind eine trinkbare Pizza von Pizza Hut und Dunkin Donut, die ein Müsli mit Dunkin-Kaffeegeschmack herstellen.

Alkoholfreie Getränke verlieren ihre Unschuld
Hard Seltzer, das USA-Trendgetränk, wird in Deutschland kurz nach dem Markteintritt schon todgesagt. Schaun mer mal. Viel spannender ist, dass im Kielwasser von Hard Seltzer nun eine ganze Reihe von ehemals alkoholfreien Getränken mit „Buzz“ zu uns kommt. Die Bandbreite der neuen „Hard Beverages“ reicht von Tee, Kaffee, Saft bis hin zu Limonaden. Das neue Segment profitiert vom generellen Trend zu natürlicheren und gesünderen Getränken und von der anhaltenden Abwanderung von den klassischen Softdrinks.

Das Restaurant kommt nach Hause
Wir sind es gewohnt zu essen was wir wollen, wann und wo wir es wollen. Von diesem Selbstverständnis wollen wir auch unter dem Einfluss von COVID-19 nicht abrücken. Und so ergibt sich für Gastronomen die Chance, uns daheim mit praktischen Mahlzeitensets zu versorgen. Die Bandbreite reicht dabei vom einfachen Soul-Food bis hin zu anspruchsvollen Menüs vom Sterne-Koch. Inzwischen ist fast die Hälfte der Verbraucher überzeugt, dass dies eine bequeme Möglichkeit ist, ein Restauranterlebnis zu Hause zu zelebrieren.

Die „Bäm Box“ von Tim Mälzers Bullerei ist deutschlandweit beliebt und ist meist innerhalb von Minuten ausverkauft.

Altbekanntes neu interpretiert…

Frühstück: Die wichtigste Mahlzeit des Tages
Je mehr wir vom Homeoffice aus arbeiten desto mehr Zeit können wir wieder auf die „wichtigste Mahlzeit des Tages” verwenden. Dies bedeutet, dass der Smoothie frisch daheim gemacht wird und nicht an der Snackbar gekauft wird. Dinge, die sonst nur am Wochenende auf den Tisch gekommen sind, wie geräucherter Lachs oder Pancakes gibt es nun auch schon während der Woche. Hier bieten sich Gelegenheiten für die Unternehmen, die hochwertige Spezialprodukte für den alltäglichen Brunch-Genuß herstellen.

Die neue Generation von Babynahrung
Alete-Apfelmus war gestern. Längst haben die Quetschbeuteln aus frischem Bio-Obst & Gemüse die Führung übernommen. Das ist aber noch lange nicht das Ende. Auch in dieses Segment kommt neue Dynamik, es werden Startups gegründet und einiges investiert. Der Markt folgt dabei in Bezug auf die Produktentwicklung der Logik der Großen: Würzige Botanicals wie Rosmarin und Kurkuma, gemahlener Hafer, knallig buntes Gemüse und Superfruits wie die Avocado sind längst auch bei den Kleinsten kein NoGo mehr.

Die Vorratskammer wird neu gedacht
Die Bevorratung hat sich während des Lockdown weiterentwickelt und umfasst zukünftig nicht nur die typischen, lagerfähigen Grundnahrungsmittel, sondern auch Spezialitäten und komplette Gerichte. Gourmet-, Luxus-, Komfort- und nachhaltige Produkte werden Einzug in die Vorratskammer halten. Denn über die Erfahrung des Selbstkochens sind die Ansprüche und Qualitätsanforderungen der Verbraucher an haltbare Lebensmittel gestiegen, das Dosenkochen ist nicht länger der Ausdruck für ein „Low Life“. Machen wir uns bereit für neue, abwechslungsreiche Basics, die mit minimalem Aufwand langweiliges Essen in einen Genuss verwandeln können.

Nachhaltigkeit geht alle an…

Rund um den Globus haben sich die Verbraucherpräferenzen hin zu mehr Gesundheit, einer höheren Ernährungsvielfalt, Regionalität und Nachhaltigkeit verschoben. Die erhöhte Nachfrage wird zu neuen Formaten und anspruchsvolleren Alternativen, vor allem beim Geschmack von Produkten auf Basis von Pflanzenproteinen führen. Ergänzt werden die Produkte auf pflanzlicher Basis durch Fleisch- und Milchprodukte aus dem Labor. Zum einen weil der Einsatz neuer Technologien rasant voranschreitet und ganz neue Optionen der Skalierbarkeit bietet. Zum anderen aus Gründen des Tierschutzes.

Transparenz ist das Gebot der Stunde
Eine aktuelle Studie von Innova zeigt, dass sechs von zehn Verbrauchern weltweit daran interessiert sind, mehr darüber zu erfahren, woher ihre Lebensmittel stammen. Die Verbrauchererwartungen in Bezug auf ethische, ökologische und „cleane“ Lebensmittel haben sich noch einmal massiv erhöht. Entsprechend umfasst die gewünschte Transparenz die gesamte Lieferkette inkl. einer nachhaltigen Beschaffung, das Wohlergehen von Mensch und Tier und auch alle Aspekte der pflanzliche Ernährung. Hier können Marken mit “smart packaging”- und “near-field communication”-Technologien plus einem entsprechenden Storytelling punkten.

Klimasmarte Ernährung
Eine Idee, die vor einem halben Jahrzehnt ins Leben gerufen wurde, gewinnt nun an Bedeutung, da immer mehr Marken und Verbraucher das Wohlergehen des Planeten in ihrer täglichen Ernährung berücksichtigen: Klimatarier wollen die globale Erwärmung verlangsamen, indem sie ihre Essgewohnheiten und ihre Ernährung ändern, nach Lebensmitteln und Produkten mit geringerem CO2-Ausstoß suchen, die aus biologisch vielfältigeren Pflanzen hergestellt und auf bestehenden Anbauflächen angebaut werden, um so Land für Wildtiere und Natur zu erhalten. Ein Unternehmen, das ein Pionier in der Kommunikation von CO2-Fußabdrücken auf Produkten ist The Climate Store aus Schweden. Die Supermarktkette bewertet Produkte nach ihrem CO2-Fußabdruck und nach ihrem Impact auf das Klima – je höher der CO2-Ausstoß ist desto höher ist der Preis.

Misfits: Aus hässlich wird schick
Obst und Gemüse mit „Schönheitsfehlern”, z.B. krumme Gurken, übergroße Kartoffeln oder mehrwurzelige Möhren werden häufig als Ausschussware entsorgt. Sie entsprechen nicht der Norm und lassen sich wegen ihrer Form nicht optimal transportieren. Diese sogenannten Misfits, landen jedoch immer öfter in den Einkaufskörben statt im Abfall, denn hinter jedem Rohstoff steckt nicht nur Arbeit, sondern auch der Verbrauch von Wasser und CO2. Und einen Beitrag zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung zu leisten, ist beliebter daher denn je. Außerdem schmeckt unförmiges Gemüse und Obst nicht weniger gut und die Form des Gemüses spielt schließlich nur in sehr wenigen Gerichten eine Rolle.

Food Tech: Die Neuerfindung des Essens… 

Die „Techno-Optimisten” unter den Verbrauchern glauben an innovative Lösungen bei Lebensmitteln und Getränken durch die Wissenschaft. Für sie ist die Nutzung von Technologie maßgebend, um Probleme wie das Bevölkerungswachstum, die Urbanisierung, die Klimakrise und die Bodendegradation zu lösen. Sie sind überzeugt, dass Lebensmittelproduzenten nicht in der Lage sein werden, den Welternährungsbedarf zu decken, wenn Ernährungsweisen und Produktionsmethoden unverändert bleiben. Mut macht ihnen die aktuell größten Erfolge der Food Branche, wie z.B. die Herstellung von Milch-, Weizen- und Fleischalternativen.

Eier ohne Hühner
Was war zuerst: das Huhn oder das Ei? Diese Frage stellt sich vermutlich bald nicht mehr. Das Food & Drink Team von den Trendforschern WGSN prognostiziert, dass 2021 das Jahr sein wird, in dem Eiersatzprodukte weltweit zum am schnellsten wachsenden alternativen Lebensmittel auf pflanzlicher Basis werden. Bis Mitte 2020 hatte der US-Marktführer JUST Egg bereits umgerechnet 50 Millionen seiner Mungbohneneier verkauft und bereitet einen Börsengang und die globale Expansion vor. Weitere Unternehmen, die man beobachten sollte: Oggs Aquafaba in Großbritannien, Israels Zero Egg, Evo Foods in Indien und Clara Foods in den USA, die alle jeweils an verschiedenen Arten von Pflanzenproteinen arbeiten.

Die molekulare Nachbildung von Getränken

Hier geht es nicht um die Welt der Molekularküche, die bereits in den 1990er ihren Hype hatte. Vielmehr geht es um einen Wissenschafts- und Technologiesektor, in dem Getränke nicht aus den klassischen Rohstoffen wie Getreide, Trauben oder Bohnen sondern aus zusammengesetzten Pflanzenmolekülen hergestellt werden. Mit Reverse Engineering kann alter Whisky und Bourbon, Weine und Sake oder eine gute Tasse Kaffee nachgebaut werden, die den gleichen Genuss bieten aber mit weniger Energie, Rohstoffen und Zeit auskommen.

Endless West mit Sitz in San Francisco steht mit seinen Glyph-Whiskys und Kazoku-Sake an mehr als 800 Standorten in den USA und in Hongkong an der Spitze dieses Trends.


Bildquellen:

Header: Jude Beck über Unsplash.

 Bild Waku (Quelle: https://livewaku.com/)

 Bild BÄM Box (Quelle: Eigenes Foto)

 Bild Vorratskammer (Quelle: The Fresh Market)

 Bild: Misfit (Quelle: page-online.de)

 Bild Endless West (Quelle: https://www.siteinspire.com/)