Wenn man deutsche Gastronomen fragt, woher in Europa sie ihre Inspirationen beziehen, dann ist die Antwort fast immer: London und Kopenhagen. Da ich gerade zu einem Trend-Research in Kopenhagen war habe ich mir auch einige Restaurants angeschaut. Anbei meine persönliche Sicht, was zur Zeit spannend ist…

Kopenhagen ist nicht nur die dänische Hauptstadt, sondern auch das Epi-Zentrum der „Neuen Nordischen Küche“. Hier findet man nicht nur experimentierfreudige Köche, sondern auch mehr Sterne-Restaurants als in jeder anderen skandinavischen Stadt. Als Visionär der nordischen Küche gilt René Redzepi, der Küchenchef des legendären Restaurants Noma, das mehrfach zum besten Restaurant der Welt gewählt wurde und für viele Gourmets aus der ganzen Welt ein Wallfahrtsort ist.

Als Redzepi 2003 das Noma zusammen mit seinem Partner eröffnete ließen sie sich durch Rezepte aus einem Überlebenshandbuch der schwedischen Armee inspirieren. Darin wurde beschrieben, wie man in Kriegszeiten allein mit in der Natur gesammelten Zutaten überleben kann. Damals entstand die Idee ausschließlich Produkte aus dem nordischen Raum zu verarbeiten: Radieschen, rote Beete und Sanddorn statt Kokosmilch, Curry oder Olivenöl. Diese Beschränkung auf nachhaltige und saisonale Zutaten aus der unmittelbaren Umgebung war vor 15 Jahren eine Revolution, die die einzigartige Identität der Neuen Nordischen Küche maßgeblich beeinflusst hat und auch für viele Köche und Restaurants weltweit prägend geworden ist.

Kopenhagen hat, neben dem Noma und anderen Sterne-Restaurants, eine Reihe von weiteren, interessanten Restaurants, die auch ein starkes Engagement für regionale Produkte haben aber weniger radikal und gelassener kochen.

„A unique dining experience on a green rooftop in the heart of CPH.”

Ein gerade besonders gehyptes In-Restaurant ist das “Gro Spiseri”, das aus dem Urban-Farming-Projekt “ØsterGRO” entstanden ist. Im Rahmen dieser Initative wurde auf dem Dach eines ehemaligen Industriegebäudes ein Garten angelegt, in dem jede Menge Obst und Gemüse wachsen. Auch Hühner, Kaninchen und Bienenstöcke gibt es. Die Idee ist, dass Menschen aus dem Stadtteil Østerbro den Garten nach dem Prinzip der solidarischen Landwirtschaft gemeinsam nutzen.

Bereits mit der Gründung der „Rooftop-Farm“ gab es die Überlegung, dort ein Restaurant zu eröffnen. Im letzten Jahr war es dann soweit. Es ist aber nicht das Farm-to-Table Prinzip, dass das Gro Spiseri zum In-Restaurant macht. Es ist die besondere Atmosphäre, die hier herrscht: Man kommt über eine enge und hohe Wendeltreppe aufs Dach und läuft durch den Garten ins Restaurant, einem Gewächshaus aus Glas. Dort sitzt man mit ca. 20 anderen Gästen eng an eng an einem langen Holztisch unter Tomatenpflanzen und isst gemeinsam ein Fünf-Gänge-Menü, das von der internationalen Küchenbrigade aus den Erzeugnissen des Gartens gekocht und gut gelaunt präsentiert wird.

Ebenfalls erwähnenswert ist die Getränkebegleitung: Es gibt neben der alkoholfreien Version mit Säften und Kombucha auch eine Weinbegleitung aus Bio-und Natur-Weinen. Auch orangener Wein ist dabei. Das ist ein Weißwein, der wie ein Rotwein hergestellt wird. Die Weißweintrauben werden dabei mit den Beerenschalen spontan (ohne Schwefel, ohne Enzyme, kein extra Zucker) vergoren. Der orangene Wein erhält dadurch eine dunkelgelbe bis orange Farbe und ist etwas trüb. Was den Geschmack angeht, da gehen die Meinungen stark auseinander: Die einen finden Geruch und Geschmack seltsam gärend und muffig, andere mögen die komplexe Struktur und die vielen Aromen. Vielleicht einfach mal ausprobieren…


Im Barr steht Bier im Mittelpunkt des Programms

In den ehemaligen Räumen des Noma ist nun das „Barr“ zuhause. Der deutsche Chef, Thorsten Schmidt, tischt hier in stylischer aber dennoch lockerer Atmosphäre eine gehobene Alltagsküche auf. Das Konzept ist nicht streng auf Skandinavien begrenzt, sondern schließt den gesamten nordeuropäischen Raum ein. Das Essen genießt man am besten in Kombination mit einem Bier-Pairing (“Barr“ bedeutet auf altnorwegisch Gerste). Hierzu werden zum jeweiligen Gericht passende Craft-Biere aus verschiedenen nordischen Bier-Regionen, von Norwegen über Norddeutschland bis zu den Britischen Inseln, ausgeschenkt.


Dänische Raffinesse auf dem Teller

Hier sollten alle einmal lunchen, die ein original Smørrebrød, die dänische Stullen-Variante, auf höchstem Niveau genießen wollen. Die Aamanns-Köche arbeiten mit traditionellen Rezepten, die sie modern interpretieren und kunstvoll dekorieren. Dazu gibt es hausgemachte Schnäpse und lokale Bio-Biere. Auch die New York Times findet übrigens, dass das Aamanns 1921 ein Besuch wert ist.

Hier kommen Fischfans auf ihre Kosten

Nicht nur New York sondern auch Kopenhagen hat einen trendigen „Meat Packing District“. Das alte Schlachterviertel im ehemaligen Arbeiterviertel Vesterbrø wirkt auf den ersten Blick vielleicht nicht besonders attraktiv, beheimatet aber einige von Kopenhagens hippsten Restaurant. Unter anderem das Restaurant Kødbyens Fiskebar. Die Karte bietet Fischfans, vom Studenten bis zu den italienischen Geschäftsleuten am Nachbartisch, alles von Austern, über diverse Fischgerichte bis hin zu fish’n’chips. Der Fisch wird dem Restaurant täglich frisch geliefert und hat eine Top-Qualität, so dass der Erfolg der Fiskebaren kein Zufall ist. Auch das Personal ist superfreundlich und gibt dem Restaurant zusammen mit der alten Industriearchitektur und den Vintage-Möbeln ein besonderes Flair.


Nicht nur die Kopenhagener lieben den größten Food Markt der Stadt

Und falls man einmal keine Lust auf ein Restaurant hat oder ein Mitbringsel für zuhause sucht, dann wird man bei den Torvehallerne fündig. Der Indoor-Foodmarkt besteht aus zwei Markthallen mit mehr als 60 Ständen und wird jede Woche von über 100.000 Kopenhagenern besucht. Es gibt eine sehr große Auswahl an Getränken sowie süßen und herzhaften Leckereien, die keine Wünsche offenlassen.