Im Zuge der Corona Pandemie ist auch die gesunde Ernährung als Immun-Booster auf die Agenda gerückt. Sich gesund essen gegen die Pandemie, geht das? Helmut Fickenscher, Leiter des Instituts für Infektionsmedizin an der Uni Kiel, weist im Interview mit NDR Schleswig-Holstein zwar darauf hin, dass eine gesunde Ernährung laut erster Studien nicht wirksam gegen eine Corona-Infektion schützt – aber es erscheint für viele Konsumenten in diesen Wochen und Monaten einmal mehr wichtiger, auf sich und den eigenen Körper achtzugeben. In diesem Kontext rücken vor allem Pro- und Prebiotika in den Mittelpunkt.

Das Zentrum der Gesundheit liegt im Darm. Diese Erkenntnis ist vor allem in Deutschland durch den Bestseller „Darm mit Charme“ von Giulia Enders populär geworden. Bis dato wurde dem Darm in der Öffentlichkeit wenig Aufmerksamkeit geschenkt und erst recht nicht in Lebensmittelprodukten. Inzwischen sieht es etwas anders aus. Darmgesundheit klingt zwar immer noch weniger attraktiv als das englische „Gut Health“ oder die „Microbiome Diet“. Egal, wie man es nennt, das Thema Pro- und Prebiotika wird in der Ernährung und in Produktinnovationen prominenter. Besonders floriert das Thema in Form von Nahrungsergänzungsmitteln. Laut Angaben von Insight Health von 2018 werden pro Jahr fünf Millionen Packungen Probiotika für den Bereich Darmgesundheit verkauft. Dabei geht es längst nicht mehr nur um den Kampf gegen Durchfall, sondern auch um den präventiven Einsatz von Lactobacillen und Bifidobakterien in Form von OTC Produkten als Immunbooster.

Neben den klassischen Marken für Nahrungsergänzung, setzen auch große Player wie Nestlé und Boehringer auf den Ausbau ihres Produktangebotes oder Start-ups, die dem Thema Darmgesundheit mehr Lifestyle und Ästhetik verleihen wollen. MyBacs aus der Schweiz geht das Thema so vielversprechend an, dass die Samwer Brüder investiert haben. Ursprünglich war die Idee, mit auf Länder zugeschnittenen Tabletten-Kits, Durchfall vorzubeugen. Weil jedoch Reisen zeitlich begrenzt sind, erweiterte Mybacs das Sortiment um Darmbakterien für den Alltag. Dazu gehören auch „Dailybacs für Frauen“, die für ein „ausgewogenes Mikrobiom“ sorgen, „oxidativen Stress“ bekämpfen und die „individuelle Abwehr“ stärken.

Auch im Lebensmittelregal wird das Thema Darmgesundheit beliebter. Good Culture launchte in diesem Jahr in den USA einen Probiotic Smoothie in den Geschmacksrichtungen Pineapple, Vanilla und Wildberry. Ziel: probiotische Ernährung im Alltag noch alltagstauglicher zu machen.

In Deutschland kam nach Danone Activia und Nestlé LC 1 in den 90ern nicht mehr viel auf den Markt. Nun scheint sich dies zu ändern. Laut der aktuellen Probiotika Studie von 360 Trend Research, wächst die Probiotika Industrie, obwohl noch keine Health Claims von der EU für Probiotika zugelassen sind. Dabei weitet sich Probiotik auf die unterschiedlichsten Produktkategorien aus, dazu gehören auch Hautpflege, Körperhygiene und Zahngesundheit.

Innerhalb der Foodkategorie setzen auch Marken jenseits des angestammten Molkereisortiments auf Darmgesundheit: Kelloggs‘ launchte in den USA frühzeitig die „Happy Inside“ Range und setzt auf „Gesundheit von innen“.

„Lass Mikroben toben“
Fermentierte Lebensmittel kehren zurück. Allerdings weniger in Form von saurer Gurke, milchsauer vergorenen Bohnen, Möhren oder Sauerkraut sondern in Form von Kombucha-Getränken, hippen Kefirs oder Kimchi-Salat. Fairment ist ein Start-up, dass sich dem Thema Fermentierung von Lebensmitteln als Schlüssel für eine gesunde Ernährung auf die Fahne schreibt. Ursprünglich als erste Bio-Raw-Kombucha-Brauerei in Deutschland 2015 gegründet, ist es nun eine Online Plattform und Shop für alles zum Thema Fermentierung. „Immer mehr Menschen merken, wie wichtig Darmgesundheit ist und Fermentation spielt nun mal in das Thema mit rein. Zusätzlich steigt das Misstrauen gegenüber Industrieprodukten. Es geht wieder mehr Richtung DIY, also alles wieder selber herzustellen.“ erklärt Leon Bendens, der mit Paul Seelhorst gemeinsam das Unternehmen gegründet hat. Ihr Ziel: Fermentierung soll wieder so normal werden wie Kochen und Backen.

In den USA ist man schon einen Schritt weiter. Da trinkt man nicht nur normale Kombucha Limonade, sondern sehr angesagt ist momentan der sogenannte „Hard Kombucha“ als „boozy“ Version.

Diese Beispiele zeigen, gesunde Ernährung ist weniger durch kompletten Verzicht auf das, was Spaß macht gekennzeichnet, sondern durch Reduktion oder Austausch von klassisch verwendeten Lebensmitteln, die uns unter Umständen weniger gut tun, als wir denken. In Zeiten der Corona-Pandemie bleibt es spannend, wie sich die Ernährungsweise von Konsumenten weiterentwickelt. Der Mikrobiom-Diät, die auch für sich proklamiert, glücklich zu machen („Glück beginnt im Darm“ oder „Darm-Hirn-Achse“) könnte zum neuen Aufsteiger werden.

 

 

 

Bildnachweis:

Header: Photo by Maddi Bazzocco on Unsplash / https://unsplash.com/s/photos/gut-health

Fermentiertes Gemüse: Photo by Micah Tindell on Unsplash / https://unsplash.com/photos/cz8fBPnt6VI

Mybacs für Frauen: Mybacs / Website https://mybacs.com/products/dailybacs-female

Kellog Happy Inside: The Kellogg Co.

Fairment: Fairment