Früher nannte man es Resteessen. Heute klingt es etwas schicker: eine Bowl. Auch wenn in den Bowls der Gastronomie natürlich keine Reste landen, sondern kleine Mengen unterschiedlicher Zutaten gekonnt kombiniert werden – dieser Vergleich soll zeigen, dass „Reste“ in der Ernährung eine rasante Karriere hingelegt haben.

Moderne Konsumenten sehen Nachhaltigkeit als Haltung und unterziehen ihre Konsumgewohnheiten immer häufiger einem Sustainability-Check. Vor allem das Thema Lebensmittelverschwendung hat in den letzten Jahren eine größere Aufmerksamkeit erfahren. Laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden weltweit rund 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel pro Jahr weggeworfen. Und laut der der Studie “Lebensmittelabfälle in Deutschland – Baseline 2015” der Universität Stuttgart werfen wir in Deutschland jedes Jahr rund 12 Millionen Tonnen Essen weg.

Privathaushalte haben daran einen Anteil von 75 Kilogramm pro Kopf und Jahr. Laut Welthungerhilfe sind es in Deutschland am häufigsten Gemüse, gefolgt von bereits zubereitetem Essen und Backwaren, die weggeworfen werden. Deutschland hat vor, gemäß dem Ziel der Vereinten Nationen, die Lebensmittelverschwendung bis zum Jahr 2030 zu halbieren. Online- Plattformen bzw. Apps wie die Initiative “Zu gut für die Tonne!” oder „Lebensmittelwertschätzen.de“ sollen Konsumenten für das Thema sensibilisieren.

Auch der LEH sensibilisiert immer öfter für das Thema, so bietet beispielsweise Edeka Rezeptvorschläge für eine „kreative Resteküche“. Es sind aber vor allem Gastronomie-Konzepte, die in den letzten Jahren vermehrt auf „Waste Not“ (in Hamburg z.B. das Café „In Guter Gesellschaft“) setzen.

Daran schließt die App „Too Good to Go“ an, die auf eine sinnvolle Verwendung von überschüssigem Essen aus der Gastronomie setzt. Für einen reduzierten Preis können Kunden Essen am Ende des Tages bei den teilnehmenden Anbietern abholen.

Es entstehen jedoch auch Neuprodukte, die Abfall als wertvolle Ressource sehen und zur Ausgangsbasis ihrer Innovation machen. Die Limonade Caté aus Hamburg ist so ein Beispiel. Sie besteht zu 93 Prozent aus „Abfall“ oder um es appetitlicher zu formulieren: aus der Kaffeekirsche, einem Teil der Kaffeebohne, der bei der Kaffeeproduktion nicht mehr verwendet wird.

Ein früher Pionier ist auch Toast Ale, ein Bier aus altem Brot gebraut. 2016 gegründet, basierend auf der Feststellung, dass vor allem Brot zu den am meisten weggeworfenen Lebensmitteln gehört. Laut Angaben von Toast Ale sind es beinahe 900.000 Tonnen jedes Jahr. Gehypt wird auch das Start-Up Knärzje, das erste Brotbier Deutschlands, das von dem geschätzten Trendforschungskollegen und Nachhaltigkeits-Ninja Daniel Anthes gegründet wurde.

Auch im Snackregal geht es inzwischen nachhaltiger zu. Regrained ist der erste „Ucycled Puff Snack“, wie die Marke selbst stolz auf der Website verkündet. Die Körner der Snacks sind während des Bier-Brau Prozesses übriggeblieben. Bei Ansicht der Verpackung denkt man zunächst nicht an einen „upgecycelten Snack“. Lediglich auf der Website wird das Thema durch einen live-Zähler, der alle „geretteten Körner“ zählt, deutlich. Zudem klären die beiden Gründer darüber auf, dass „upcycling“ nicht „recycling“ ist, sondern „to creatively reuse by-products and unlock their highest value.

Noons ist eine neue Schokoladenmarke aus den USA, die aus „upgecyceltem“ Kakao und Bio-Quinoa gemacht ist. Statt Industriezucker wird die Noons Schokolade mit Kakaofrucht gesüßt, die normalerweise während der Kakaoproduktion weggeworfen wird. Dass es sich um ein Upcycling handelt, ist auch hier ein Mehrwert, den der Konsument nicht unbedingt sehen soll. Packaging und Kommunikation setzen auf Lifestyle-Eco und zeigen einmal mehr: zeitgeistiger Konsum ist zugleich smart für die Umwelt.


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